Ein deutscher Naturforscher in Brasilien:
Friedrich Sello
(1789-1831)
Vorbemerkung: Friedrich Sello(w), Gärtner, Botaniker und Naturforscher,
entstammt der preußischen Hofgärtnerdynastie Sello. 17 Jahre lang
bereiste er die südlichen Provinzen Brasiliens und angrenzenden Gebiete
Argentiniens und Uruguays. Der überwiegende Teil seiner Sammlungen befindet
sich im Berliner Museum für Naturkunde (MfN), sein schriftlicher und sein
zeichnerischer Nachlass wird in der Historischen Arbeitsstelle des Museums aufbewahrt.
Am 28.01.2009 besuchten die Autoren - beide Nachkommen der Hofgärtnerdynastie
Sello - die Historische Arbeitsstelle und erhielten Einblick in Tagebücher,
Briefe und das zeichnerische Werk Sellos. Sie erhielten die Erlaubnis, zu
fotografieren und die Fotos auf der Home-Page der Familienstiftung Hofgärtner
Hermann Sello zu veröffentlichen. Alle Angaben entsprechen dem damaligen Stand
der Forschung.
Friedrich Sello, Brasilianische Landschaft
(MfN)
Friedrichs Kindheit und Jugend
Es war einmal ein armer Gärtnerbursche, der träumte davon, fremde Länder zu
bereisen. Dieser Gärtnerbursche hieß Friedrich Sello. Er stammte aus einer
traditionsreichen Familie, die bis 1789 bereits fünf Königliche Hofgärtner
hervorgebracht hatte. Friedrichs Geschichte begann im Gartenreich von Sanssouci.
Sein Vater Carl Julius Sello betreute den Marly-Garten, den königlichen Obst-
und Gemüsegarten wie es vor ihm sein Vater Johann Samuel Sello getan hatte.
Friedrichs Weg schien vorgezeichnet – Gärtnerlehre bei seinem Vater oder einem
seiner Onkel, Gehilfenzeit, Wanderzeit und dann vielleicht Kgl. Hofgärtner.
Zumal auch Friedrichs Großvater mütterlicherseits, der "Königliche Küchmeister"
August Lieder, einen Weinberg und einen großen Obst- und Gemüsegarten in
Bornstedt besaß, der wohl zur Versorgung der königlichen Tafel beitrug. Das
Anwesen am Mühlenberg hatte ursprünglich August Lieders Schwiegervater gehört,
dem Königlichen Bilder-Galerie-Aufseher Friedrich August Brandenburg. Beide
waren Mitglieder der Herrnhuter Brüdersozietät in Potsdam, auch Friedrichs junge
Mutter Wilhelmine Albertine gehörte dazu.
Küchmeister Lieder und die beiden Küchengärtner Sello dürften viel miteinander
zu tun gehabt haben, und so ist es nicht verwunderlich, dass Carl Julius, als er
Nachfolger seines Vaters und Hofgärtner geworden war, sich um die Hand der
Tochter bewarb. Auch in die Brüdersozietät wurde er aufgenommen. Im Diarium ist
Friedrichs Geburt verzeichnet:
"Am 12ten [März 1789] wurde die Tochter unserer Geschw[ister]Lieders,
verheirathe Sellow, von einem Söhnl[ein] entbunden u[nd] also unsre l[iebe]
Schw[ester] Liedern von 34 Jahr u[nd] 5 Monat schon Gros-Mutter."
Ende August 1796 starb Friedrichs Vater. Jäh wurde der 7-jährige aus den Gärten
seiner Kindheit und der vertrauten Umgebung gerissen,
"seine fromme Mutter" gab
ihn in die "Knabenanstalt" der Herrnhuter Brüdergemeine in Kleinwelka
(Oberlausitz), die eine Heimstätte für Missionarskinder war:
"...Heute[22.12.1796] kam das Knäbgen Friedrich: Sello von Potzdam in die hiesige
Pensions Anstalt", so steht es im Diarium der Brüdergemeine Kleinwelka.
2½ Jahre blieb Friedrich in der Knabenanstalt, eingebunden in einen strengen,
religiös geprägten Tagesablauf. Vielleicht beeindruckten ihn die Erzählungen der
Missionare und weckten seine Sehnsucht, fremde Länder kennen zu lernen. Natur-
und völkerkundliches Sammeln war eine beliebte Freizeitbeschäftigung in der
Brüder-Unität. Es wird berichtet, dass Friedrich von frühester Jugend an auf dem
bloßen Boden schlief, sich im kältesten Winter im Freien wusch, rohen Fisch und
frisch geschlachtetes Geflügel aß, um sich abzuhärten – als ob er eine Reise
nach Grönland plante!
Im Juli 1799 holte man Friedrich nach Potsdam zurück, um "zu seiner künftigen
Bestimmung etwas zu lernen", wie es im Diarium heißt.
Nach Abschluss seiner Gymnasialzeit absolvierte Friedrich eine Gärtnerlehre bei
seinem Onkel, dem Kgl. Hofgärtner und Planteur Johann Wilhelm Sello. Er lebte
wohl wie es üblich war im Haushalt seines Lehrherrn, in der sog. "Kunstmühle" am
Rande des Parks von Sanssouci, zusammen mit Vettern und Cousinen. Leopold, der
spätere Bergwerksdirektor, war wohl schon außer Haus. Wilhelm Sellos Familie
hatte sich der Französisch-Reformierten Gemeinde angeschlossen.
Anschließend arbeitete Friedrich zwei Jahre als Gehilfe im Botanischen Garten in
Schöneberg. Carl Ludwig Willdenow, Botaniker und Professor für Naturgeschichte,
hatte die wissenschaftliche Aufsicht über den Botanischen Garten. Friedrich
besuchte nachweislich seine Vorlesungen - das ging, genau wie die
Gymnasialbildung, über das hinaus, was von einem Gärtner verlangt wurde.
Offenbar war es nicht Friedrichs Ziel, Königlicher Küchengärtner zu werden wie
sein Vater und sein Großvater, er strebte hinaus aus der engen Welt von
Sanssouci, er wollte eine wissenschaftlichen Ausbildung – aber er hatte kein
Geld.
Es lag ja in der Luft – wer reiste nicht alles in fremde exotische Länder.
Friedrich wird die Berichte über Entdeckungsreisen, z. B. die Reisen von James
Cook, gekannt haben. Der Botaniker und Naturforscher Joseph Banks hatte Cook
auf seiner ersten Reise begleitet – Friedrich sollte ihm in London begegnen.
Begleiter auf der zweiten Weltreise Cooks war der junge Georg Forster. Sein
Buch "Reise um die Welt" und sein Bericht über eine Reise an den Niederrhein,
die er mit Alexander von Humboldt unternahm, wurde Vorbild für eine neue
literarische Gattung, den wissenschaftlich fundierten Reisebericht. Eine neue,
wissenschaftliche Sichtweise auf fremde Länder und ihre Bewohner, ihre Tier-
und Pflanzenwelt setzte sich in der Folge durch und hat auch Friedrich geprägt.
In Paris
Willdenow schickte Friedrich zur weiteren Fortbildung nach Paris, Wilhelm v.
Humboldt, damals so etwas wie ein preußischer Kultusminister, gab ihm eine
Empfehlung an seinen Bruder Alexander v. Humboldt mit, der in Paris an seinem
Reisewerk arbeitete. Am 17. Mai 1810 schrieb v. Humboldt an Willdenow:
"Mein theurer Willdenow! [...] Es ist vor wenigen Wochen hier ein junger Mensch
angekommen, Namens Sellow, und der mir eine Empfehlung von meinem Bruder Wilhelm
gebracht. Er sieht freundlich, munter und lehrbegierig aus."
Humboldt sorgte dafür, dass Friedrich eine Anstellung im Jardin des plantes
bekam, die leider schlecht bezahlt wurde, und erklärte sich bereit, im ersten
Jahr für sein Auskommen zu sorgen, dann müsse aber die preußische Regierung
einspringen. Fortan setzten er und andere Gönner sich für Friedrich ein, um
seine weitere Fortbildung und später seine Reisen zu finanzieren.
Paris war zu der Zeit d a s Zentrum der Naturforschung, Friedrich hörte nach
seinen eigenen Aussagen
"ununterbrochen die Collegien" der bedeutendsten
Professoren seiner Zeit und nutzte die Sammlungen des Muséum national d'histoire
naturelle. Alexander v. Humboldt instruierte ihn über die wissenschaftliche
Vorbereitung, Durchführung und Auswertung einer Forschungsreise. Schließlich
finanzierte er auch noch die Weiterreise nach England.
Friedrich hat ihm je ein Exemplar aus seiner umfangreichen Pflanzensammlung
vermacht. Humboldt seinerseits benannte eine Pflanzengattung nach dem Freund.
Er blieb der
"ganzen verehrten Familie [Sello]" sein Leben lang verbunden:
Alexander von Humboldt
(Familienbesitz)
A.v.Humboldts Widmung seines Porträts an Johanna Sello
(Familienbesitz)
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Alexander von Humboldt war häufig Gast in der "Villa Sello" bei dem
Hofgärtner
Hermann Sello. Er hatte den jungen Hermann 1823 kennen gelernt und ihn als
"kräftig, kenntnisvoll und bescheiden" und als einen "ganz
trefflichen Menschen"
bezeichnet. v. Humboldt verkehrte auch bei Hermanns Bruder, dem Kgl. Hofgärtner
Emil Sello und seiner Frau Johanna, der er sein Porträt widmete. Eine letzte
Ehre erwies der Hermann Sello dem großen Mann bei seinem Tod: Alexander v.
Humboldt wurde vor dem Begräbnis auf dem Humboldtschen Familienfriedhof in
Schloss Tegel aufgebahrt. "Der Flur war ganz köstlich schön mit
Grünem und
blühenden Gewächsen geschmückt, die Sello aus Sanssouci am
Nachmittag geschickt
hatte oder vielmehr selbst begleitet", berichtete seine Nichte Gabriele v.
Bülow.
In London
Auch in England bewegte der junge Preuße sich in erlauchtesten
Botanikerkreisen - an der Spitze der große Botaniker Sir Joseph Banks,
einst Begleiter von James Cook bei dessen erster Weltumsegelung und nun
hochgeehrter Präsident der Royal Society und nutzte seine Bibliothek
und seine Herbarien, die in seinem Haus allen Interessierten zugänglich waren.
Friedrich vertiefte am Britischen Museum seine Kenntnisse in Zoologie und
Mineralogie, er machte sich mit der Kunst des Präparierens und
Konservierens unter tropischen Bedingungen vertraut.
Auch in London musste er für seinen Lebensunterhalt arbeiten, vielleicht,
indem er Pflanzen für das Herbarium von Dr. John Sims sammelte.
In London blieb er 1 ½ Jahre, eine Zeit des Lernens und des Wartens, ohne
rechte Aussichten, das zu erreichen, was er so "brennend" - so einer seiner
Gönner - wünschte: eine Forschungsreise nach Brasilien.
Schließlich lernte er Georg Heinrich von Langsdorff kennen. 1812 war
dessen Bericht über die Krusenstern'sche Expedition nach Russisch-Amerika
erschienen, an der er als naturwissenschaftlicher Begleiter teilgenommen hatte.
Auf der Insel St. Catharina hatte er einen ersten und überwältigenden
Eindruck von der tropischen Natur Brasiliens gewonnen. Nun war er im Begriff,
als russischer Gesandter nach Rio de Janeiro zu gehen.
Jetzt bot sich Friedrich die Chance, seinen Lebenstraum zu verwirklichen.
Allerdings - er besaß kaum einen Pfennig eigenes Geld; sein
preußisches Vaterland rang noch immer um seine Existenz.
Da erwiesen Sir Banks und Dr. Sims dem jungen Botaniker großes Vertrauen:
sie gaben ihm ein Darlehen, so dass er 1814 nach Brasilien segeln konnte.
Friedrich Sellow, wie er sich nun nannte, rechtfertigte das in ihn gesetzte
Vertrauen - schon nach einem Jahr hatte er seine Schulden getilgt, durch
Übersendung von getrockneten Pflanzen, Sämereien, Vogelbälgen
usw. - (In der wissenschaftlichen Literatur werden beide Namensformen verwendet;
wir bleiben bei "Sello", dem Namen der traditionsreichen Gärtnerfamilie,
aus der er stammt.)
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Reisen in Brasilien und Uruguay
Friedrich Sello: Einfahrt in den Hafen von Rio de Janeiro mit der Insel
Nossa Senhora da Boa Viagem
(R. Löschner u. B. Kirschstein-Gamber, Stuttgart 1988)
Im Hause Langsdorffs in Rio de Janeiro konnte Friedrich sich mit Land und Leuten
und der Sprache vertraut machen, ehe er zu größeren Expeditionen
aufbrach. Schließlich besserte sich auch seine finanzielle Lage: er bekam
eine jährliche Unterstützung des Königs, später Kaisers von
Brasilien, der an der Erschließung des Landes interessiert war, und dann
gelang es auch seinen Gönnern in Preußen, Geldmittel für den
"wackeren" Sello locker zu machen
"Unter den größesten Beschwerden, auf den unwegsamsten Straßen,
mit den größesten Lebensgefahren wagte er [Friedrich Sello] sich bis
tief in das Land, […]" heißt in einem Bericht von 1835.
Reißende Flüsse waren zu überwinden, auf rutschigem Gebirgspfad
stürzte Sellos Pferd, er brach sich des Schlüsselbein. (GStA PK)
Federzeichnung des Prinzen zu Wied: Rückkehr von einem Besuch bei den
Puri
(R. Löschner u. B. Kirschstein-Gamber, Stuttgart 1988)
Eine Federzeichnung des Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied, den Friedrich auf
seiner Forschungsreise 1815-1817 streckenweise begleitete, zeigt
Expeditionsteilnehmer bei der Rückkehr von einem Besuch bei den Puri:
Friedrich Sello reitet voran, er ist bekleidet mit Gehrock und Zylinder und
trägt Gamaschen. Ähnlich sind auch der Ornithologe G.W. Freyreiss und
der Prinz zu Wied bekleidet, der allerdings einen Dreispitz trägt. Die
begleitenden Puri tragen lockere Hemden, einer auch Hosen.
Aus dem Bericht des Prinzen zu Wied:
"Wir fanden […] in den Sümpfen zwey weissblühende Nymphea-Arten,
[…] ferner eine hohe weissblühende Alisma, wahrscheinlich auch neu,
mit schmalem länglichtem Blatte. Es war nicht / leicht, der schönen
Pflanze in dem tiefen Sumpfe habhaft zu werden,; Herr Sello fiel tief in das
schwarze Moorwasser ein; auch mir erging es, als ich beschäftigt war die
Sumpfvögel zu beschleichen, nicht besser." (Zitiert bei Hackethal, S. 217)
Weitere Reisen unternahm Friedrich Sello zusammen mit Ignaz von Olfers
(1793-1871), Naturwissenschaftler und Diplomat in preußischen Diensten,
später Generaldirektor der Berliner Museen. Auf den Reisen entstand eine
lebenslange Freundschaft. Auch Olfers sollte je ein Exemplar aus Sellos
Pflanzensammlung erhalten. Er schrieb über Sello: "Er ist ein guter
Botaniker, und ein fleißiger Sammler, der auch die anderen
naturhistorischen Gegenstände nicht ausser acht lässt: dabey ein
äußerst bescheidener Mann, den die Sache selbst interessiert,
[…]er lebt sehr einfach und verwendet alles, was er bekommt, auf
naturhistorische Sammlungen." (zitiert bei Hermannstädter, S. 35 f.)
Friedrich Sello: Raupe - Aquarell und Bleistift
(MfN)
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Aus dem Skizzenbuch (Bleistift). Wahrscheinlich eine Nagetierart der
Gattung Akodom
(MfN)
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Zeichnung: Olfers. Sello klassifizierte den Fisch als Silurus
(Echter Wels); es handelt sich wahrscheinlich um eine Art aus der Gattung
Pimelodidae (Antennenwelse)
(MfN)
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Friedrich Sello: Fisch (Aquarell). Sello hat sich viel Zeit
genommen, um diesen farbenprächtigen Fisch zu aquarellieren
(MfN)
"Dabei kam Sello auf diesen Streifzügen in Gegenden, die von wilden
Indianerstämmen bewohnt (?) werden, den BUGNES, speziellen COREADOS und
BOTUCUDOS genannt, welche dem Reisenden tagelang nachschleichen und ihn
angreifen, wenn sie ihn unbewacht und unvorsichtig finden; wie sie denn meistens
nur in der Morgen- und Abenddämmerung oder in mondhellen Nächten ihn
überfallen." (GStA PK)
Mit dem Prinzen zu Wied reiste Sello auch in die Siedlungsgebiete der Botocuden
um den Rio Doce und Minas Gerais, die den Prinzen besonders interessierten. Er
nahm mehrere Zeichnungen Sellos in seinen Reisebericht auf.
Die Botocudo galten - ohne dass es je bewiesen wurde - als Menschenfresser. Sie
trugen Ohr- und Lippenpflöcke, die die Portugiesen an Fassspunde - botoques
- erinnerten, daher der Name. Sello hat einige porträtiert; obgleich er in
diesem Falle mit der camera lucida arbeitete, also nur Umrisse zeichnete, hat
er den Menschen anschließend individuelle Züge verliehen. (GStA PK)
Friedrich Sello: Kopfstudie eines Botocuden
(R. Löschner u. B. Kirschstein-Gamber, Stuttgart 1988)
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Friedrich Sello: Kopfstudie eines Botocuden
(R. Löschner u. B. Kirschstein-Gamber, Stuttgart 1988)
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Friedrich Sello: Brasilianische Landschaft
(MfN)
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Friedrich Sello: Blick in die Hütte einer Coroado-Indianerin, 1819
(MfN)
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Mit Olfers unternahm Sello auch Reisen zu indianischen Siedlungen von Puri,
Coropo und Coroado.
"Die Männer lagen in ihren Netzen u. kamen nicht zum Vorschein. Die
Weiber saßen auf dem Platze […] und kernten Baumwolle aus. Die
Kinder lagen teils an der Mutterbrust, theils spielten sie umher. […] Wir
warfen uns zu ihnen auf die Erde nieder u. plauderten mit ihnen bis der
Sternenhimmel hoch u. klar über uns stand. Ein Feuer von stark dampfenden
Sachen verscheuchte die Mosquitos." (Tagebucheintrag von Olfers, zitiert bei
Hermannstädter, S. 16)
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Friedrich Sello: Junger Mann mit Hacke
(MfN)
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Skizzenbuch - Olfers/Sello, Waffen und Geräte
(MfN)
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Skizzenbuch - Olfers/Sello, Waffen und Geräte
(MfN)
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Sello fertigte viele Zeichnungen der missionierten Indianer an:
Friedrich Sello: Anna, eine alte Indianerin
(MfN)
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Friedrich Sello: Maria Eusebia Tshlerigei
(MfN)
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Das Aquarell zeigt einen Soldaten, der Prinz zu Wied hat die Ausrüstung
beschrieben:
"Jeder führt seinen Proviant mit, außerdem ein Pulverhorn, Pulver,
ein großes Messer, einen Rucksack und ein Gewehr, über dem ein
Tierfell lag, um das Schloss vor Feuchtigkeit zu schützen.
Die Soldaten gingen barfuß." (R. Löschner u. B. Kirschstein-Gamber,
Stuttgart 1988, S. 22) |
Friedrich Sello: Pai Gutinho
(MfN)
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"Von dieser Zeit an [1828] war Sello's Name, als der eines ausgezeichneten
Reisenden bei allen civilisirten Nationen immer mehr bekannt. Engländer,
Franzosen, Deutsche, die nach Südamerika kamen, fragten nach Sello. In
Brasilien selbst übertrug ihm der Kaiser das Einsammeln von
Naturgegenständen für die wissenschaftlichen Anstalten in Rio de
Janeiro, - die Gouverneure, selbst entfernter Provinzen in Brasilien, andere
Kaiserliche Beamte berichten in verschiedener Zeit und aus den verschiedensten
Orten, dass Sello's Name bei den Colonisten überall und selbst bei den
Indianern, da er viele Stämme auf seinen Streifzügen berührt und
eine glückliche Art hatte, mit Menschen aller Stände und Völker
jeder Bildung gut umzugehen, ihnen wohl bekannt sei." (GStA PK)
Leider war es ihm nicht vergönnt, seine Sammlungen persönlich
auszuwerten - Friedrich Sello hatte beabsichtigt, nach 17- jährigem
Aufenthalt in Brasilien in die Heimat zurückzukehren, ertrank aber unter
ungeklärten Umständen am 4. Oktober 1831 im Rio Doce. Es ist
übrigens das Jahr, in dem der junge Charles Darwin zu seiner
epochemachenden Reise aufbrach.
Prinz zu Wied: Schifffahrt auf dem Rio Doce. Im Boot wahrscheinlich Sello,
Freyreiss und der Prinz
(R. Löschner u. B. Kirschstein-Gamber, Stuttgart 1988)
Friedrich Sellos Sammlungen
Friedrich Sellos schriftlicher Nachlass: 71 Tage- und Notizbücher,
26 Expeditionsberichte, ein Skizzenbuch mit Zeichnungen von Sello und Ignaz v.
Olfers. Tagebücher und Expeditionsberichte sind in den letzten Jahren weitgehend transkribiert worden.
(MfN)
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Doppelseite aus einem Tagebuch
(MfN)
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Aus dem Bericht des Ministeriums der Geistlichen-, Unterrichts- und
Medizinalangelegenheiten
(GStA PK, Berlin, I HA Rep.89, Nr.19 566)
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Seine Sammlungen gelangten in 151 Kisten in 23 Sendungen nach Berlin: Die
Herbarien, Sämereien und lebende Pflanzen kamen an den Botanischen Garten,
die zoologische und die mineralogische Sammlung gelangten an das Museum für
Naturkunde. Man hat errechnet, dass der Geldwert dieser Sammlungen bei weitem
die Summe übertrifft, die man dem Naturforscher von Seiten des
preußischen Staates seit 1823 zukommen ließ. Der wissenschaftliche
Wert allerdings sei unschätzbar - das gilt auch noch heute.
Das ist jedoch nicht alles. Seine ethnographischen Sammelstücke gelangten
in die Königliche Kunstkammer, später in das ethnologische Museum und
gerieten in Vergessenheit. Sein umfangreicher schriftlicher und zeichnerischer
Nachlass war lange verschollen, wurde erst in den 70er Jahren des vorigen
Jahrhunderts wieder entdeckt, katalogisiert und inventarisiert.
Transkription des nebenstehenden Textes anzeigen
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Anmerkungen
Die oben z.T. erstmals, z.T. an entlegenen Stellen veröffentlichten
Zeichnungen Sellos geben nur einen kleinen Einblick in das zeichnerische Werk
Sellos. Neben dem Skizzenbuch und Zeichnungen in den Tagebüchern besteht
dieser Nachlass aus 230 Blättern, davon 222 von Sellos Hand. Nur wenige
Blätter sind datiert.
Weitere Zeichnungen und Briefe Sellos befinden sich im Nachlass des Prinzen zu
Wied, einige davon wurden bei Löschner (s.u.) 1988 veröffentlicht.
Danksagung
Wir danken ganz herzlich Frau Dr. Landauer und insbesondere Frau Dr. Hackethal
von der Historischen Arbeitsstelle für die liebenswürdige und
kenntnisreiche Einführung in den schriftlichen und zeichnerischen Nachlass
Friedrich Sellos sowie die vielen weiterführenden Hinweise.
Aus aktuellem Anlass danken wir Herrn C. Eckert und Frau M. Junghans, Brasilien,
für das freundschaftliche und anregende Gespräch und für die Mitteilung vieler
neuer Recherche-Ergebnisse.
Der erwähnte Brief von A.v. Humboldt an Willdenow wurde erst vor wenigen Jahren
gefunden und wird im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar aufbewahrt;
(Mitteilung C. Eckert)
Ungedruckte Quellen:
-
Recherche von Krafft-Aretin Eggert vom 11.11.2008, Geheimes Staatsarchiv
Preußischer Kulturbesitz (GStA PK), Archivalien: I HA Rep.89, Nr.19 566
und Nr.21 357 betreffend Friedrich Sello, Naturforscher.
-
Recherche von Krafft-Aretin Eggert vom 13.05.2009 im Archiv der Brudergemeine in
Herrnhut, R6 C.b.No.1.e.
- C. Eckert und M. Junghans, neue Recherche August 2014: Unitätsarchiv, Diarium der
Brudersozietät Potsdam und Diarium der Brüdergemeine Kleinwelka
Literatur:
- Hackethal, Sabine, Friedrich Sello (1789-1831); Skizzen einer
unvollendeten Reise durch Südamerika. In: Fauna Flora Rhl.-Pfalz,
Beiheft 17, 215-228, Landau 1995
- Hermannstädter, Anita, Brasilien - Land der Zukunft, Naturkundliche
Expeditionen 1800-1831. In: Deutsche am Amazonas - Forscher oder Abenteurer?
Expeditionen in Brasilien 1800-1914, Hrsg. Staatliche Museen zu Berlin -
Preußischer Kulturbesitz, Ethnologisches Museum, 2. unveränderte
Auflage, Berlin 2005, S. 26 ff.
- Hannelore Landsberg und Ferdinand Damaschun, Aus Tradition modern: Zur
Geschichte des Berliner Museums für Naturkunde, S. 24 ff. In: Als das
Leben laufen lernte , Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität
zu Berlin, München Berlin London 2007
- Löschner, Renate u. Birgit Kirschstein-Gamber (Hg), 1988: Nachlass
des Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied; Teil 1, Illustrationen zur Reise 1815
bis 1817 in Brasilien. Brasilien-Bibliothek der Robert Bosch GmbH, Bd.2,
Stuttgart.
- Kümin, Beatrice, Expedition Brasilien, Von der Forschungszeichnung
zur ethnographischen Fotographie, Bern 2007
- Pfüller, Jahn, Lübcke, Traditionen des Museums für
Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin in der naturhistorischen
Erforschung und Erschließung lateinamerikanischer Länder im 19.
Jahrhundert und ihre gegenwärtige Bedeutung. In: Neue Museumskunde,
Jahrgang 23, 3/80; Hrsg. Rat für Museumswesen beim Ministerium für
Kultur der Deutschen Demokratischen Republik
- Der Brockhaus in 15 Bänden, Leipzig - Mannheim 1997
- v. Sydow, Anna (Hg), Gabriele von Bülow, Ein Lebensbild, 15. Auflage,
Berlin 1913, S. 533
- Fotos: B.A.Eggert, 28.1.2009
- Schulze, Caroline, Geschichte der Gemeinde Bornstedt (Kreis Havelland),
Hs im Mai 1877; Schreibmaschinenabschrift 1993 durch Marianne Meyer-Arendt
(Original und Abschrift im Domstift Brandenburg)
- Hanns Zischler, Sabine Hacketal, Carsten Eckert (Hrsg.), Die Erkundung
Brasiliens, Friedrich Sellos unvollendete Reise, Museum für Naturkunde, Berlin
1. Auflage 2013; darin: C.A. Wimmer, Friedrich Sellos Herkunft und Ausbildung,
S. 28 ff. und H. Walter Lack, "Freundlich, munter und lehrbegierig", S. 34 ff.
Auskunft über Sellos Sammlungen und ihr Schicksal finden sich auf der Webseite des
Museum für Naturkunde Berlin -->
Historische Arbeitsstelle, in dem
Aufsatz von Frau Dr. Hackethal sowie im Katalog "Als das Leben laufen lernte",
sowie bei: Haas, Richard, Brasilien an der Spree. In: Deutsche am Amazonas, s.u.
Im übrigen verweisen wir nach wie vor auf den
wikipedia-Artikel zu
Friedrich Sello sowie auf den
Artikel von Dr.habil. H.-D. Krausch.
S.E. und B.E., 11.06.2009, Okt. 2013, Okt. 2014