Bertha Nietner, geb. Sello
(Charlotte Luise Albertine Sello)
Bertha Nietner, geb. Sello
(Foto: Familienbesitz)
In der Taufe erhielt sie die Namen Charlotte Luise Albertine, genannt wurde sie Bertha. Ihr Geburtstag ist der 25.02.1803. Es steht nicht fest, ob sie in Sanssouci geboren ist oder in Caputh, wo ihr Vater
Christian Ludwig Samuel Sello seit 1796 Hofgärtner war. Ihre Mutter
Johanne Dorothea Charlotte Anger stammte aus Berlin.
Bertha heiratete am 18.11.1822 in Potsdam den frischgebackenen Hofgärtner
Theodor I. Eduard Nietner aus der traditionsreichen Gärtnerfamilie. Ihr Eltern haben die Einwilligung zur Hochzeit wohl erst gegeben, als feststand, dass Theodor I. Nietner Hofgärtner in Paretz werden würde.
Ihrer Freundin Adolphine v. Foch, mit der Bertha ein Leben lang Briefe wechselte, schrieb die junge Frau:
"[…] Ja, Adolphine, ich bin so glücklich, wie es nur immer ein Mädchen sein kann, ich bin die Braut meines geliebten Nietner, welcher als mein Getreuer sich dir bestens empfiehlt, du musst dich ganz in meine Lage denken, erst diesen l8ten hielt Nietner bei meinen Eltern um mich an."
Gärtnerhaus Niederschönhausen
(Foto: Familienbesitz)
Der erste Sohn, Theodor II. Carl Gustav, wurde 1823 in Sanssouci geboren. Zur Geburt ihres ersten Kindes hatte sich Bertha wohl in die Obhut ihrer Mutter nach Sanssouci begeben. Theodors Geschwister wurden in Paretz geboren: Ludwig Hermann Theodor, gen. Louis, 1825, Johannes Theodor Eduard, (früh verstorben), Werner Theodor, gen. Johannes, 1828, Albertine Charlotte Louise, gen. Pauline, 1830 und Theodor Emil, gen. Paul, 1832. An dem Tage, an dem Paul getauft wurde, erhielt Theodor I. die Nachricht, dass er nach Niederschönhausen versetzt worden sei, auf die Hofgärtnerstelle, die schon sein Großvater
Johann Joseph und sein Vater
Christian Wilhelm inne gehabt hatten.
An allen Geschehnissen in der Familie lässt Bertha nach wie vor die Freundin teilnehmen, die Briefe bleiben bis zum Schluss voll Innigkeit und zärtlicher Liebe. Die Versetzung nach Schönhausen und den Umzug dorthin erwähnt sie und ist stolz auf ihre Häuslichkeit. Sie berichtet über die Erziehung der Kinder und Hauslehrersorgen und über den geplanten Klavierunterricht. Einmal sagt sie, dass sie immer über ihre Kräfte beansprucht sei mit all den vielen Pflichten, die täglich auf sie warten. An einer Stelle schreibt sie:
"Wir hatten in diesem Jahr viel Obst, ich habe sieben Scheffel gebackenes, meistens Schälobst."
Sie muss wenig zimperlich mit sich selbst gewesen sein, denn im letzten lesbaren Brief schildert sie die Geburt eines ihrer Kinder (Paul?) in geradezu spitzbübischer Weise. Sie verrät keinem, dass die Geburt sich angekündigt hat, steht frühmorgens auf, bereitet für alle das Frühstück, auch noch das zweite um 8 Uhr für Nietner, der wieder ahnungslos an seine Arbeit geht. Sie richtet alles in Ruhe für die Geburt her, schafft noch, was so zu schaffen ist und lässt im letzten Augenblick die Hebamme holen und dazu auch ihren völlig verblüfften Nietner. Die eigentliche Geburt habe genau zehn Minuten gedauert. Nach sechs Tagen steht Bertha bereits wieder auf, nach acht Tagen versieht sie wieder vollständig ihren Haushalt.
Leider durfte sich Bertha Nietner ihrer Kinder und der neuen Hofgärtnerstelle nicht mehr lange erfreuen. Anfang Oktober 1834 wurde noch ein Sohn geboren: Theodor Eduard Albert. Das Kind starb leider schon am 18. Dezember. Wahrscheinlich bezieht sich der folgende Brief von Bertha Nietner an ihre Mutter auf dieses Kind. Der Brief trägt den Poststempel 12. 12., aber keine Jahreszahl (vermutlich 1834). Die Anschrift lautet:
Frau Hofgärtner L. Sello, Wohlgeboren Sans=Souci.
den 11ten December
Nachdem ich Dir meine geliebte Mutter und Euch allen meine Geliebten einen herzlichen guten Tag wünsche; gratuliere ich Dich meine geliebte Louise zwar nachträglich, darum aber nicht weniger herzlich zu Deinem Geburtstag, von Herzen wünsche ich Dir, dass alle Deine schönen Hoffnungen in Erfüllung gehen mögen. Nun bin ich aber auch wie Ihr euch leicht denken kennt sehr neugierig, wie und was denn nun eigentlich beschlossen ist, wann ist denn die Hochzeit bestimmt? und kommt Ihr nicht noch vor Weihnachten nach Berlin? Schreibe doch mir einer recht bald, kannst Du geliebte Mutter, oder Louise nicht so ist gewiss meine gute liebe Pauline so gütig, mir einige Nachrichten von allen zu geben, wenn ihr mir das versprecht so erzähle ich euch auch was neues, woran ihr gewiss nicht denkt, nun und das wäre höre ich fragen. Ich habe seit gestern eine Amme, es hat mir fast das Herz zerdrückt, doch bin, ich jetzt ruhiger, die Amme ist aus der Entbindungsanstalt wo sie Nietner gemietet, sie ist eher hässlich als hübsch zu nennen, aber die Gutmütigkeit ist so sprechend über ihr ganzes Wesen ausgedrückt, das man ihr gut sein kann auf den ersten Blick, sie ist größer als ich und stärker an Körperbau, sie hat hier gar keine Verwandte, ist aus Rügenwalde in hinter Pommern; der Himmel gebe seinen Segen dass wir uns nicht täuschen; heut ist mein kleines Würmchen sehr unruhig, die Milch ist ihm wohl noch zu jung, das Kind von der Amme ist erst 14 Tage alt, wenn nun mein armes Kindchen nur besser gedeiht, es ist mir sehr, sehr schwer geworden mein liebes kleines Männchen jetzt noch einer anderen zu überlassen.
Mit mir ging es eine Zeitlang sehr schlecht ich hatte fast täglich Fieber, habe beständig einnehmen müssen, was aber nicht half, jetzt nehme ich nun schon seit einigen Tagen Chinin-Pulver und ich befinde mich ganz wohl danach; vielleicht wird noch alles gut. Lebe wohl meine geliebte theure Mutter, die besten Grüße meinen geliebten Vater, Pauline, Louise, Hermann, Werner, Emil, allen allen, Dir meine Geliebte, meinen herzlichsten innigsten Dank für Deine Liebe, Du hast mir durch Deinen langen Besuch mehr Freude gemacht, wie ich auszusprechen imstande bin, mit inniger Liebe werde ich aber stets sein deine
dankbar gehorsame
Bertha Nietner geb. Sello
(Bei den im Brief genannten Personen handelt es sich um die Eltern und Geschwister von Bertha: Louise, die am 28.11. Geburtstag hatte, heiratete am Silvestertage 1834 den Kreisgerichtsrat Hermann Rudolph Schnee. Ihre Schwester Pauline war mit Ludwig Persius verheiratet, Hermann und Emil sind die beiden Hofgärtner, ihr Bruder Werner war Jurist geworden.)
Bertha Sello hat sich nach der Geburt dieses Kindes nicht wieder erholt. Sie ist am 26. Mai 1835 gestorben. Unter großer Anteilnahme der Verwandtschaft wurde sie auf dem Kirchhof in Niederschönhausen begraben. Ihr Schwager Ludwig Persius entwarf eine Sandsteinstele für ihr Grab. (Diese Stele und die Ihres Mannes stehen heute in veränderter Form auf dem Sellofriedhof in Bornstedt.)
Grab Bertha Nietner geb. Sello
(Foto: Familienbesitz)
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Nietner-Stelen, ursprülich Niederschönhausen. Sie stehen heute in veränderter Form auf dem Sellofriedhof in Bornstedt
(Foto: Brun A. Eggert, 2009)
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Quellen, Literatur, Bildnachweis:
- Briefe der Bertha Sello an ihre Freundin Adolphine v. Foch, nach ihrem Tod an die Familie Nietner weiter gegeben. Heutiger Standort unbekannt. Den Brief Berthas an ihre Mutter bewahrte Pauline Persius auf; später gelangte er durch Käte Nietner geb. Fintelmann an Klaus A. Eggert, der die Umschrift besorgte. Standort des Originals unbekannt. - Der Aufsatz beruht auf einem Manuskript von Annemarie Pignol, die die Briefe vor 1970 einsehen konnte.
- Langfeld, Gisela, Plantör auf Ihro Majestät der Königin Lust Schloß Schönhausen. In: Der Herold, Bd. 16, Heft 4, S. 77 ff.
- Genealogische Daten der Kinder von Bertha Sello: KB Paretz, neue Recherche 2007: Krafft A. Eggert u. Martina Rohde
- Bildnis Bertha Sello, Familienbesitz
- Gärtnerhaus in Niederschönhausen und
- Zeichnung der Grabstelle: aus dem Silberhochzeitsalbum Theo II, beide Fotos Brun A. Eggert, 2007
SE, Feb 2009